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Mittwoch, 17. Dezember 2003
unglück
pappnase, 23:48h
ich will es einmal so zu formulieren versuchen: nicht in einer unglücklichen welt bin ich aufgewachsen, sondern in einer verlogenen. und wenn eine sache nur so recht verlogen ist, so braucht man auf das ünglück auch nicht allzulang warten, das kommt dann schon ganz von selbst...
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Fenster
pappnase, 01:45h
Sie hatten keine Gardinen vor den Fenstern, und so konnte man sie ohne weiteres beobachten. Natürlich stritten sie. Sie stritten immer. Fast meinte man, sein Fluchen und ihr Keifen zu hören.
Warum mußten sie ihren Streit immer in der Öffentlichkeit austragen? Warum konnten sie sich nicht endlich fensterverdeckende Stoffe zulegen, damit man nicht permanent gezwungen war, ihren Familienkrieg zu verfolgen?
Ich hasste es, sie beobachten zu müssen.
Jetzt schlug er sie sogar. Ja, es schien im zu gefallen, wenn seine Hand auf ihre Wange klatschte und das aus ihren Augen schiessende Wasser auseinander trieb. Sie schien zu maulen, was zur Folge hatte, dass seine Hand wieder Striemen in ihr quengelndes Gesicht zog.
Sie war nicht mehr zu sehen, wie jedes Mal nach der zweiten Ohrfeige. Sicherlich hatte sie nachgegeben und war nun auf dem Weg, seine Pantoffeln zu holen und sein Essen zu kochen.
Er sah aus dem Fenster, schien nach Zeugen Ausschau zu halten und blickte zu mir herüber. Einen Augenblick schaute er erstaunt. Dann grinste er und präsentierte seinen Mittelfinger, war stolz auf ihn, als handele es sich dabei um eine wertvolle, äußerst seltene Statue, bevor er sich abwendete.
Bald darauf sah man ihn mit einer Flasche Bier vor dem Fernseher sitzen. Von ihr war nichts zu sehen. Möglicherweise bügelte sie in der Küche oder im Schlafzimmer und sang dabei. Das sollte sie besser nicht tun. Das Singen würde ihn stören und dann ginge alles wieder von vorne los. Vielleicht saugte sie aber auch. Das wäre noch schlimmer. Das würde ihn sehr wütend machen. Hoffentlich hörte sie keine Musik, fönte nicht ihr Haar. Das würde erneut Schläge bescheren.
Da nichts geschah, war es wahrscheinlich, dass sie zu Bett gegangen war. Vielleicht träumte sie von seinem besten Freund, mit dem sie sicherlich ein Verhältnis hatte und der so ganz anders war, der sie nur schlug, wenn es wirklich nötig war, und es war oft nötig, und der zu ihr kam, wenn er seine Skatabende hatte. Vielleicht redete sie im Schlaf. Er würde es hören und dann würde er den Stock aus dem Keller holen, mit dem er früher Ratten erschlagen hatte, die in den Keller eingedrungen waren.
Nein, es tat sich nichts. Wie tot saß er in seinem Sessel. Wenn er am Bier erstickt wäre, würde sie ihn morgen früh finden, würde lachen oder vielleicht doch weinen, weil nun niemand mehr da wäre, der sie durchs Leben schlug. Hin und wieder würden ihre Wangen brennen und dann würde sie ihn vermissen. Von seiner Mutter würde sie Drohanrufe erhalten, da diese davon ausgehen würde, dass sie ihn umgebracht hätte. Sicher hielt seine Mutter sie ohnehin für eine Schlampe. Die Nachbarn würden tuscheln und dann würden immer ihre Wangen brennen. Wohlmöglich würde sie sich dann Gardinen kaufen.
Er erhob sich aus seinem Sessel. Wahrscheinlich spürte er, dass ihre Wangen und seine Hände brannten, und dann war es wieder einmal an der Zeit. Noch einmal blickte er aus dem Fenster, sah abermals zu mir herüber, und ich präsentierte ihm den Mittelfinger, weniger stolz, als er es getan hätte, doch zufrieden. Dann zog ich die Gardinen vor das Fenster und ging zu Bettt
Warum mußten sie ihren Streit immer in der Öffentlichkeit austragen? Warum konnten sie sich nicht endlich fensterverdeckende Stoffe zulegen, damit man nicht permanent gezwungen war, ihren Familienkrieg zu verfolgen?
Ich hasste es, sie beobachten zu müssen.
Jetzt schlug er sie sogar. Ja, es schien im zu gefallen, wenn seine Hand auf ihre Wange klatschte und das aus ihren Augen schiessende Wasser auseinander trieb. Sie schien zu maulen, was zur Folge hatte, dass seine Hand wieder Striemen in ihr quengelndes Gesicht zog.
Sie war nicht mehr zu sehen, wie jedes Mal nach der zweiten Ohrfeige. Sicherlich hatte sie nachgegeben und war nun auf dem Weg, seine Pantoffeln zu holen und sein Essen zu kochen.
Er sah aus dem Fenster, schien nach Zeugen Ausschau zu halten und blickte zu mir herüber. Einen Augenblick schaute er erstaunt. Dann grinste er und präsentierte seinen Mittelfinger, war stolz auf ihn, als handele es sich dabei um eine wertvolle, äußerst seltene Statue, bevor er sich abwendete.
Bald darauf sah man ihn mit einer Flasche Bier vor dem Fernseher sitzen. Von ihr war nichts zu sehen. Möglicherweise bügelte sie in der Küche oder im Schlafzimmer und sang dabei. Das sollte sie besser nicht tun. Das Singen würde ihn stören und dann ginge alles wieder von vorne los. Vielleicht saugte sie aber auch. Das wäre noch schlimmer. Das würde ihn sehr wütend machen. Hoffentlich hörte sie keine Musik, fönte nicht ihr Haar. Das würde erneut Schläge bescheren.
Da nichts geschah, war es wahrscheinlich, dass sie zu Bett gegangen war. Vielleicht träumte sie von seinem besten Freund, mit dem sie sicherlich ein Verhältnis hatte und der so ganz anders war, der sie nur schlug, wenn es wirklich nötig war, und es war oft nötig, und der zu ihr kam, wenn er seine Skatabende hatte. Vielleicht redete sie im Schlaf. Er würde es hören und dann würde er den Stock aus dem Keller holen, mit dem er früher Ratten erschlagen hatte, die in den Keller eingedrungen waren.
Nein, es tat sich nichts. Wie tot saß er in seinem Sessel. Wenn er am Bier erstickt wäre, würde sie ihn morgen früh finden, würde lachen oder vielleicht doch weinen, weil nun niemand mehr da wäre, der sie durchs Leben schlug. Hin und wieder würden ihre Wangen brennen und dann würde sie ihn vermissen. Von seiner Mutter würde sie Drohanrufe erhalten, da diese davon ausgehen würde, dass sie ihn umgebracht hätte. Sicher hielt seine Mutter sie ohnehin für eine Schlampe. Die Nachbarn würden tuscheln und dann würden immer ihre Wangen brennen. Wohlmöglich würde sie sich dann Gardinen kaufen.
Er erhob sich aus seinem Sessel. Wahrscheinlich spürte er, dass ihre Wangen und seine Hände brannten, und dann war es wieder einmal an der Zeit. Noch einmal blickte er aus dem Fenster, sah abermals zu mir herüber, und ich präsentierte ihm den Mittelfinger, weniger stolz, als er es getan hätte, doch zufrieden. Dann zog ich die Gardinen vor das Fenster und ging zu Bettt
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